
Am 24. September 2025 findet mit viel Expectation die erste Vorstellung eines zweisprachigen Handbuchs zur deutschen Besatzung Polens von 1939 bis 1945 statt. Deutsche und polnische Wissenschaftler arbeiten unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Lehnstaedt von der Touro University Berlin und Prof. Dr. Paweł Machcewicz von der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau an diesem umfassenden Werk. Das Handbuch trägt den Titel „Polen unter deutscher Besatzung 1939–1945. Ein Handbuch / Polska pod okupacją niemiecką 1939–1945. Podręcznik“.
Das Ziel des Handbuchs ist die Erhebung des aktuellen Forschungsstands zur deutschen Besatzung, die kritische Bewertung dieser Erkenntnisse und das Aufzeigen bestehender Wissenslücken. Der Bedarf an kompetenter Orientierung in der Lehre, der musealen Vermittlung und in politischen Debatten wird als zunehmend wichtig wahrgenommen. Die Veranstaltung umfasst ein Podiumsgespräch am 7. Oktober um 18.00 Uhr im Viadrina Center of Polish and Ukrainian Studies (VCPU) der Europa-Universität Viadrina, wo auch Simultandolmetschung ins Polnische angeboten wird.
Historischer Kontext der Besatzung
Die deutsche Besetzung Polens begann am 1. September 1939 mit dem Überfall der Wehrmacht auf die Zweite Polnische Republik, gefolgt vom Einmarsch sowjetischer Truppen am 17. September 1939. Diese Ereignisse wurden durch den am 23. August 1939 unterzeichneten deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt ermöglicht, der eine geheime Abmachung zur Aufteilung Polens zwischen beiden Staaten innehielt. Westpolen kam unter deutsche Besatzung, während Ostpolen von der Sowjetunion besetzt wurde. Ab dem 22. Juni 1941, nach dem Überfall auf die Sowjetunion, wurde Ostpolen ebenfalls von Deutschland kontrolliert.
Die deutsche Besatzung in Polen war von extremen Repressionen und einer brutalen Variante des „Volkstumskampfes“ geprägt, der durch die wirtschaftliche Ausbeutung und die systematische Deportation oder Ermordung der einheimischen Bevölkerung gekennzeichnet war. Die „Polenvermögensverordnung“ vom 17. September 1940 und die „Polenstrafrechtsverordnung“ vom 4. Dezember 1941 legalisierten diese Entrechtung.
Widerstand und Aufarbeitung der Vergangenheit
Bereits während der Belagerung von Warschau formierten sich Widerstandsbewegungen, die in der Gründung der Armia Krajowa (Polnische Heimatarmee) 1942 gipfelten. Der Warschauer Aufstand, der vom 1. August bis zum 2. Oktober 1944 dauerte, stellt einen der letzten großen gewaltsamen Widerstandsakte dar. Während dieser Zeit erlitten die jüdischen Gemeinden in Polen schlimmste Verfolgungen, viele wurden in Vernichtungslager wie Auschwitz, Belzec und Sobibor deportiert.
Die Aufarbeitung der Besatzungszeit in Polen und Deutschland ist ein komplexes Thema, das von unterschiedlichen Perspektiven geprägt ist. Das Handbuch soll hierzu einen wertvollen Beitrag leisten, indem es nicht nur die antipolnische Politik und den Holocaust behandelt, sondern auch die Rolle der deutschen Täter, den Widerstand der Bevölkerung und den Alltag unter dem Besatzungsregime thematisiert.
Für die erste integrierende Gesamtdarstellung seit 1970 kann sich das Forschungsteam, bestehend aus vier deutschen und vier polnischen Forschern, auf eine Vielzahl an Materialien stützen. Dr. Frank Grelka, VCPU-Postdoktorand, ist für das erste Kapitel verantwortlich, das sich mit der Invasion und Besetzung Polens beschäftigt. Grelka hat zudem eine neue Monographie mit dem Titel „Mörderische Verschwendung. Der Beginn des Holocaust im Generalgouvernement“ veröffentlicht.
Diese wissenschaftliche Initiative ist nicht nur ein Schritt zur Schließung von Wissenslücken, sondern auch ein Beitrag zur Versöhnung der beiden Nationen. Die Herausgeber stehen für Interviews mit Journalisten zur Verfügung, um die Ziele und den Inhalt des Handbuchs weiter zu erläutern. Die gesamte Veranstaltung findet im Logensaal der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) statt und bietet somit eine erstklassige Plattform für die Diskussion über eine der dunkelsten Perioden der europäischen Geschichte.
Europa-Universität Viadrina berichtet, dass eine solche umfassende Auseinandersetzung mit der Vergangenheit notwendig ist. Auch Wikipedia hebt hervor, dass Polen am längsten dem nationalsozialistischen Besatzungsregime ausgesetzt war und die Aufarbeitung dieser Zeit weiterhin eine Herausforderung darstellt. Laut Wikipedia bleibt der Diskurs über die Besatzungszeit in beiden Ländern von verschiedenen politischen und historischen Perspektiven beeinflusst.