Erschütternde Erinnerungen: Sant’Anna di Stazzema – Ein Massaker und seine Folgen

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Am 14. Mai 2025 eröffnet die Uni Konstanz die Ausstellung „ÜberLeben erzählen“ zur Aufarbeitung des Massakers von Sant’Anna.

Am 14. Mai 2025 eröffnet die Uni Konstanz die Ausstellung „ÜberLeben erzählen“ zur Aufarbeitung des Massakers von Sant’Anna.
Am 14. Mai 2025 eröffnet die Uni Konstanz die Ausstellung „ÜberLeben erzählen“ zur Aufarbeitung des Massakers von Sant’Anna.

Erschütternde Erinnerungen: Sant’Anna di Stazzema – Ein Massaker und seine Folgen

Am 12. August 1944 verübten Soldaten der Waffen-SS eines der grausamsten Kriegsverbrechen in Westeuropa im italienischen Bergdorf Sant’Anna di Stazzema. In diesem kleinen Dorf, das heute nur noch circa 20 Einwohner zählt, wurden bis zu 560 Menschen getötet, darunter etwa 130 Kinder. Viele der Opfer, wie die Mutter und zwei Schwestern von Adele Pardini, die heute ihren 84. Geburtstag feiert, fanden dabei den Tod. Dies war der Beginn eines lange anhaltenden Schweigens und Vergessens über die schrecklichen Ereignisse, das erst durch das Engagement von Überlebenden und deren Nachkommen gebrochen wurde.

Die SS-Soldaten umzingelten das Dorf mit dem Auftrag, alle Zivilisten zu töten. Pardini kann sich noch heute lebhaft daran erinnern, wie sie und ihre Familie von den Soldaten aufgefordert wurden, ihre Tasse Milch abzusetzen und mitzukommen. In der Kirche von Sant’Anna wurden 120 Menschen erschossen und anschließend verbrannt. Pardini überlebte, weil ihre ältere Schwester sie in ein Versteck zog, als ihre Mutter erschossen wurde. Über viele Jahrzehnte hatten die Brutalitäten des Massakers wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhalten, bis Überlebende wie Pardini forderten, die Ereignisse aufzuarbeiten.

Die Ausstellung „ÜberLeben erzählen“

Im Kontext dieser Erinnerungen findet in den kommenden Wochen eine bedeutende Ausstellung statt: „ÜberLeben erzählen“, die sich den Überlebenden des Massakers und ihren Erfahrungen widmet. Sie wird am 14. Mai 2025 um 18:30 Uhr in der Lutherkirche in Konstanz feierlich eröffnet. Anwesend werden auch Überlebende des Massakers sowie deren Angehörige sein. Die Ausstellung, die als interdisziplinäres Projekt an der Universität Konstanz entwickelt wurde, wurde initiiert, um den Opfern und ihren Geschichten einen Raum zu geben und das Vergessene ins Licht zu rücken. Die Ausstellung zeigt, wie Überlebende und ihre Nachkommen über das Leben mit und nach dem Massaker erzählen, was in der Öffentlichkeit oft unbeachtet bleibt.

Die Idee hinter dem Projekt war es, die komplexen Erfahrungen der überlebenden Kinder von Sant’Anna di Stazzema aus verschiedenen Perspektiven zu erfassen. Die Dozentinnen Sarah Seidel und Maria Lidola haben gemeinsam mit Studierenden Zeitzeugenerzählungen dokumentiert. Seminare in Konstanz behandelten das Erinnern, die künstlerische Aufarbeitung und das gesellschaftliche Schweigen rund um diese Ereignisse. Die Ausstellung wird bis zum 30. Mai 2025 im Bürgersaal der Stadt Konstanz (Sankt-Stephans-Platz 17) zu sehen sein und bietet täglichen Zugang von 10:00 bis 18:00 Uhr bei freiem Eintritt. Interessierte Schulklassen können zudem Führungen anfragen.

Ein unvollendetes Streben nach Gerechtigkeit

Der Prozess, der nach dem Massaker eröffnet wurde, begann im April 2004, 60 Jahre nach den Ereignissen, als das Militärgericht von La Spezia gegen mehrere noch lebende Täter ermittelte. 2005 wurden zehn ehemalige SS-Angehörige zu lebenslanger Haft verurteilt, jedoch kam es nie zur Auslieferung dieser Verurteilten an Deutschland, und 2012 stellte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ein. Michele Morabito, der Leiter des Widerstandsmuseums, kritisiert die deutsche Handhabung der Geschehnisse und die unzureichende Aufarbeitung.

Adele Pardini und viele andere betroffene Familien fordern Gerechtigkeit. Sie fragen sich, was ihr Vergehen war und kämpfen dafür, dass das Massaker und dessen Opfer nicht in Vergessenheit geraten. Sant’Anna di Stazzema, das heute eine Gedenkstätte mit einem Museum und Denkmal ist, bleibt ein symbolischer Ort des Gedenkens an die Gräuel des Kriegs und an die Erinnerungskultur, die noch immer notwendig ist.

Die Ausstellung wird nicht nur Erinnerungen wachhalten, sondern auch einen Raum für Dialog und Reflexion bieten, was weit über die Gräueltaten des vergangenen Jahrhunderts hinausreicht. Weitere Informationen sind auf der Webseite der Universität Konstanz verfügbar. Das taz berichtet über die sich ausbreitende Erinnerung und die Stimmen derjenigen, die das Unrecht erlebt haben.