Mikroplastik aus Reifen: Neue Studie beleuchtet verheerende Folgen für den Rhein
Forschende der Uni Duisburg-Essen untersuchen Mikroplastik aus Reifenabrieb und dessen ökologischen Einfluss auf den Rhein.

Mikroplastik aus Reifen: Neue Studie beleuchtet verheerende Folgen für den Rhein
Eine neue Studie von Forschenden der Universität Duisburg-Essen und der Universität zu Köln deckt alarmierende Auswirkungen von Mikroplastik auf die mikrobielle Welt im Rhein auf. Die Forschung, veröffentlicht im Fachmagazin Environmental Pollution, untersucht den Einfluss von Reifenabrieb, einem bedeutenden Verursacher von Mikroplastik, auf aquatische Ökosysteme. Über einen Zeitraum von vier Wochen wurden verschiedene Typen von Reifenpartikeln der Strömung im Fluss ausgesetzt.
Die Ergebnisse zeigen, dass Reifenpartikel die Zusammensetzung von Biofilmen, die Flusssteine, Sedimente und künstliche Materialien überziehen, erheblich beeinflussen. Bestimmte Bakterienarten neigen dazu, sich bevorzugt auf Reifenabrieb anzusiedeln, während die allgemeine Vielfalt der Mikroorganismen abnimmt. Diese Veränderungen in den Biofilmen wirken sich nicht nur lokal aus, sondern beeinflussen das gesamte Flusssystem. Bemerkenswert ist, dass Biofilme auf älteren Reifenpartikeln sich deutlich von natürlichen Partikeln des Flussgrundes unterscheiden.
Die Quellen des Mikroplastiks
Laut dem ADAC stammen in Deutschland rund ein Drittel aller Mikroplastik-Emissionen aus dem Abrieb von Autoreifen. Jährlich fallen in der EU etwa 500.000 Tonnen Reifenabrieb an. Diese Partikel gelangen in Gewässer und Böden. Oft bleibt der Großteil jedoch auf der Straße, wo er durch die Kraftübertragung zwischen Reifen, Fahrbahn und Schmutz entsteht. Die Eigenschaften der hergestellt Reifenabrieb-Partikel, die als „TRWP“ (tyre and road wear particles) bezeichnet werden, sind ein Gemisch aus verschiedenen Substanzen.
Erst letzte Woche diskutierte der Gesetzgeber zukünftige Grenzwerte für Reifenabrieb. Ab dem 1. Juli 2028 sollen diese für Pkw-Reifen gelten. Der Vorschlag der UNECE sieht eine Begrenzung des Reifenabriebs pro Tonne Fahrzeuggewicht vor. Anzeichen deuten darauf hin, dass ein zu strenger Grenzwert die Fahrsicherheit beeinträchtigen könnte, da ein linearer Zusammenhang zwischen Fahrzeuggewicht und Reifenabrieb nachgewiesen wurde. Faktoren, die den Abrieb erhöhen, sind unter anderem bergige Regionen, nasse Fahrbahnen und hohe Geschwindigkeiten.
Ökologische Auswirkungen und notwendige Maßnahmen
Wissenschaftler haben festgestellt, dass Reifenabrieb nicht nur in Gewässern, sondern auch in Böden anreicherung findet. Wie eine Untersuchung des FiBL und der Universität Darmstadt zeigt, entstehen in der Schweiz jährlich rund ein Kilogramm Mikroplastik pro Person durch Reifenabrieb. Dieser gelangt über Regen, Wind und Spritzwasser in den Boden. Vor allem entlang wenig befahrener Landstraßen können bedenkliche Mengen von Mikroplastik festgestellt werden.
Die Studie verdeutlicht zudem die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Reduktion der Belastung. Optimierte Straßenbeläge, innovative Reifenrezepturen und leistungsfähige Entwässerungssysteme sind dringend erforderlich, um die Umwelt und die Gesundheit der Mikrobengemeinschaften in Gewässern und Böden zu schützen. Diese Erkenntnisse stammen aus einem Projekt finanziert vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und profitieren von Mitteln des EU-Projekts MINAGRIS, das sich mit landwirtschaftlichen Quellen von Mikroplastik beschäftigt.
Die Ergebnisse dieser Forschung sind nicht nur für den Rhein, sondern auch für andere Gewässer von Bedeutung. Sie ergänzen die Befunde des Landesamts für Natur, Umwelt und Klima NRW (LANUK), das bereits hohe Belastungen durch primäres Mikroplastik im Rhein festgestellt hat. Diese Erkenntnisse sind ein wichtiger Beitrag zum besseren Verständnis der ökologischen Folgen von Mikroplastik und sollten in zukünftige politische Debatten einfließen.