Allgemein

Digitales Meisterwerk: Boners „Edelstein“ erstrahlt neu in Heidelberg!

In einem bemerkenswerten digitalen Projekt, das die mittelalterliche Literatur wiederbeleben soll, wird die Fabelsammlung „Der Edelstein“ des Berner Dominikanermönchs Boner neu editiert. Boner, der um 1350 lebte, schuf mit diesem Werk die erste als geschlossenes „buoch“ konzipierte Sammlung äsopischer Fabeln und kleiner Exempla in deutscher Sprache. Das Projekt wird von der Katholischen Universität (KU) und der Universitätsbibliothek Heidelberg durchgeführt und erhält Fördermittel von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Diese Neuedition ist von großer Bedeutung, da Boners Werk einen einzigartigen Einblick in die Geisteshaltung des Mittelalters bietet, geprägt von moralischen Lehren, die auch heute noch relevant sind.

Der „Edelstein“ umfasst insgesamt 38 Textzeugen, darunter Handschriften und zwei Drucke aus der Gutenberg-Ära. Albrecht Pfister spielte eine wesentliche Rolle in der Verbreitung dieses Werkes, da er 1461 „Der Edelstein“ als erstes gedrucktes deutsches Buch mit Holzschnitten herausgab. Ein Jahr später folgte eine zweite Auflage, die die Beliebtheit der Sammlung unterstreicht. Diese Tradition der Datenüberlieferung ist jedoch komplex, da vor dem Buchdruck Bücher handschriftlich kopiert wurden, was zu unterschiedlichen Überlieferungen führte.

Digitalisierung und neue Erkenntnisse

Die Digitalisierung und umfassende Aufarbeitung der Manuskripte erfolgt in der Virtuellen Bibliothek der Universitätsbibliothek Heidelberg. Mit der KI-Software „eScriptorium“ wurden bereits neun editorisch relevante Textzeugen transkribiert. Das Projekt strebt an, den Text in ein Format zu konvertieren, das den Standards der „Text Encoding Initiative“ (TEI) entspricht. Dadurch wird eine synoptische Darstellung der Textgeschichte möglich, die eine präzise Analyse und Vergleichbarkeit der Texte ermöglicht. Die erste Phase des DFG-Projekts soll bis Anfang 2027 abgeschlossen sein und wird einen digitalen Zugang zu allen Überlieferungen bieten.

Insgesamt wird die neue Ausgabe auf Textzeugen basieren, die zeitlich und sprachlich nah am Autor stehen. Dies stellt einen Fortschritt gegenüber den früheren Ausgaben dar, insbesondere der 1844 von Franz Pfeiffer veröffentlichten, die lediglich 17 Textzeugen umfasste – was 45 Prozent der heutigen Überlieferung entspricht. Pfeiffer versuchte, den Urtext zu rekonstruieren, jedoch gilt dies inzwischen als veraltet. Eine Neuausgabe ist daher längst überfällig und wird nun durch aktuelle Forschungstechnik realisiert.

Die Bedeutung des Handschriftencensus

Ein zusätzliches wichtiges Element dieser Forschung ist der Handschriftencensus, eine Online-Datenbank zu deutschsprachigen Handschriften des Mittelalters. Sie enthält grundlegende Informationen zu Personen, Werken und deren Überlieferung und bietet eine Auswahl an Literatur zur überlieferungsgeschichtlichen Relevanz jedes Textzeugen. Diese Datenbank fungiert als zentrale Anlaufstelle für die wissenschaftliche Forschung und ermöglicht einen umfassenden Zugang zu Digitalisaten unterschiedlichster Manuskripte, was die Bedeutung der Wiederentdeckung von „Der Edelstein“ noch unterstreicht.

In einer zweiten Förderphase des DFG-Projekts, die nach Abschluss der ersten Phase beginnen soll, ist außerdem geplant, die Quellen der „Edelstein“-Texte zu erschließen und umfassend zu kommentieren. Ein besonderer Fokus wird auch auf die systematische Aufarbeitung der Bildüberlieferung gelegt, wobei rund 1350 Illustrationen in die Forschung einfließen werden. Dies verspricht, eine visuelle Dimension in die Analyse der fabelhaften und moralischen Geschichten Boners einzubringen und die Bedeutung seiner Arbeit im Kontext der mittelalterlichen Literatur zu verdeutlichen.

Der ‚Edelstein‘ spielt damit nicht nur eine Rolle in der deutschen Literaturgeschichte, sondern bietet auch einen einzigartigen Zugang zu den kulturellen und moralischen Werten des 14. Jahrhunderts. Die Kombination aus Digitalisierungsinitiative und umfassender_textkritischer Forschung stellt sicher, dass die Lehren aus Boners Fabeln auch zukünftigen Generationen zugänglich gemacht werden.

Statistische Auswertung

Beste Referenz
ku.de
Weitere Infos
ub.uni-heidelberg.de
Mehr dazu
handschriftencensus.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert