
In den letzten Jahren haben geopolitische Verschiebungen in Afrika, verstärkt durch das Eingreifen von Mächten wie Russland, China, der Türkei und Golfmonarchien, die Sicherheits- und Entwicklungspolitik der Region erheblich beeinflusst. Diese Einflussnahmen manifestieren sich in wirtschaftlichen Kooperationen, militärischer Unterstützung und auch im Bereich der Medien. Ein Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Susanne Fengler, gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung mit einem Betrag von 300.000 Euro über drei Jahre, zielt darauf ab, diesen externen Einfluss auf die afrikanische Medienlandschaft genauer zu untersuchen und ein differenziertes Bewusstsein für geopolitische Herausforderungen zu schaffen. Fengler arbeitet mit Wissenschaftler*innen aus Ländern wie Uganda, Burkina Faso, Ghana, Kenia, Malawi, Nigeria und Tansania zusammen, um die Veränderungen in der Berichterstattung durch Interventionen insbesondere von China und Russland zu analysieren.
Das Projekt hat das Ziel, innerafrikanische Debatten über demokratische Standards zu fördern und konkrete Handlungsempfehlungen für verschiedene Einflussregionen zu entwickeln. Geplant sind Austauschplattformen in Form von Konferenzen, bei denen Wissenschaftler*innen, Medienschaffende und öffentliche Vertreter sowohl aus Afrika als auch aus Europa zusammenkommen. Dies entspricht dem Ansinnen, die wachsende wissenschaftliche und politische Bedeutung afrikanischer Länder international zu anerkennen.
Geopolitische Rivalitäten und europäische Reaktionen
Die geopolitischen Rivalitäten zwischen dem Westen, Russland und China erhöhen die Relevanz Afrikas für die internationale Gemeinschaft, insbesondere für Europa. Ein Beispiel dafür ist die Podiumsdiskussion am 5. September 2023 in Brüssel, die sich mit dem Thema „Afrika zwischen West und Ost“ und dem Einfluss der Wagner-Gruppe befasste. Diese private Militärfirma hat sich als wichtiges Werkzeug der russischen Einflussnahme in Afrika etabliert und engagiert sich in militärischen, propagandistischen sowie wirtschaftlichen Bereichen. Trotz der ungewissen Zukunft der Wagner-Gruppe nach dem Tod ihres Chefs Jewgeni Prigoschin gibt es bislang keine Anzeichen für einen Abzug der russischen Truppen aus Afrika.
Der zweite Russland-Afrika-Gipfel, der am 27. und 28. Juli 2023 in St. Petersburg stattfand, war eine Plattform für Russland, um sein Narrativ über die Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten zu festigen. Interessanterweise nahmen nur 17 von 54 Staatschefs an dem Gipfel teil, was das Unabhängigkeitsbewusstsein der afrikanischen Vertreter unterstreicht. Forschungsergebnisse von Dr. Jakkie Cilliers, die während dieser Veranstaltung präsentiert wurden, betonten die Chancen Afrikas in den Bereichen innerafrikanischer Handel, Landwirtschaft und Digitalisierung.
Die EU-Antwort auf die Herausforderungen
Die Europäische Union hat erkannt, dass der Kontinent Afrika ein entscheidender Partner ist, insbesondere im Hinblick auf die EU-Afrika-Strategie von 2020, die eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ anstrebt. Um dieser strategischen Vision gerecht zu werden, will Brüssel afrikanische Staaten durch öffentliche Entwicklungshilfe unterstützen und deren Stimmen im internationalen System, beispielsweise innerhalb der G20, stärken. Angesichts aktueller Herausforderungen, wie der BRICS-Erweiterung und den politischen Umwälzungen in Niger, ist es jedoch unerlässlich, dass die EU ihre Außen- und Entwicklungspolitik an die sich dynamisch verändernde Situation anpasst.
Für die europäische Politik wird zunehmend deutlich, dass Russland Afrika langfristig kein tragfähiges Angebot in den Bereichen Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung bieten kann. Deshalb sollte die EU ihre Strategien zur Förderung von Sicherheit und zur wirtschaftlichen Entwicklung in Afrika systematischer integrieren und auch die Kommunikationsstrategien überdenken.
Die Entwicklungen in Afrika sind nicht nur für den Kontinent selbst von entscheidender Bedeutung, sondern haben auch weitreichende Auswirkungen auf die geopolitischen Strukturen weltweit. Forscher wie Prof. Fengler tragen dazu bei, ein besseres Verständnis für diese komplexen Verhältnisse zu entwickeln und darauf basierende Lösungen zu finden.