
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt Alarm über die zunehmende Bedrohung durch Antibiotika-resistente Keime, insbesondere durch multiresistente Bakterien. Ein Forschungsteam der Universität Konstanz und der Universität Wien hat nun eine vielversprechende neue Substanz gegen den Erreger Neisseria gonorrhoeae identifiziert, wie uni-konstanz.de berichtet. Diese Entdeckung könnte entscheidend zur Bekämpfung von Gonorrhö beitragen, einer der am weitesten verbreiteten bakteriellen sexuell übertragbaren Krankheiten weltweit.
Die Ergebnisse dieser Forschung wurden im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature Microbiology veröffentlicht. Neisseria gonorrhoeae, der verursachende Keim der Gonorrhö, ist bekannt dafür, dass er schnell Resistenzen gegen gängige Antibiotika entwickelt. In den letzten Jahren traten zunehmend Stämme auf, die resistent gegen alle therapeutisch verwendeten Mittel sind, einschließlich erweiterter Cephalosporine wie Ceftriaxon und Cefixim, sowie gegen Azithromycin, berichtet pmc.ncbi.nlm.nih.gov.
Der Mechanismus neuer Antibiotika
Das Forschungsteam identifizierte neuartige Wirkstoffe aus der Gruppe der Alkyl-Quinolone (AQs), die nicht nur multiresistente Gonokokken abtöten können, sondern dies tun, ohne angrenzende menschliche Zellen oder andere Bakterien zu schädigen. Diese AQs sind Naturstoffe, die von bestimmten Bakterien produziert werden, um sich gegen andere Bakterien zu verteidigen. Besonders auffällig ist, dass ein neuartiges AQ-Molekül einen Selbsttötungsmechanismus in den Gonokokken aktiviert, der auf sogenannten Toxin-Antitoxin-Systemen beruht. Dies führt zur Zerstörung des Antitoxins, wodurch das tödliche Toxin seine Wirkung entfalten kann, so die Erkenntnisse von pmc.ncbi.nlm.nih.gov.
Die WHO hat eine Liste von 15 problematischen Antibiotika-resistenten Bakterien veröffentlicht, die in drei Kategorien unterteilt sind: kritisch, hochproblematisch und problematisch. Neisseria gonorrhoeae zählt zu den kritischsten Phänotypen, da resistente Stämme weltweit zunehmen.
Globale Gesundheitsbedrohung
<pDie WHO berichtet, dass jährlich über 78 Millionen Patienten global an Gonorrhö erkranken, wobei diese Zahl wahrscheinlich deutlich höher liegt. Besonders besorgniserregend sind multiresistente Stämme, die sowohl gegen erweiterte Cephalosporine als auch gegen Azithromycin resistent sind. Im Jahr 2018 wurden erstmals drei solche hochresistenten Stämme isoliert. Molekulare Typisierungen zeigen, dass resistente Stämme auch im epidemischen klonalen Komplex CC1 (Genogruppe G1407) verbreitet sind, der derzeit in vielen europäischen Ländern dominant ist.
Die Entwicklung neuer Medikamente wird daher dringender denn je benötigt. Aktuell in der Entwicklung sind Delafloxacin, Sitafloxacin, Zoliflodacin, Gepotidacin, Lefamulin und Solithromycin. Diese neuen Therapien könnten helfen, die Behandlungsmöglichkeiten auszubauen, bevor die Verfügbarkeit wirksamer Antibiotika erschöpft ist.
Die derzeitige Behandlung von Gonorrhö erfolgt in vielen Ländern mit Kombinationstherapien wie Drittgenerations-Cephalosporinen (z.B. Ceftriaxon) und Azithromycin. Dennoch wird die Behandlung zunehmend durch die wachsende Resistenz gegen diese Medikamente erschwert. Daher sind innovative Therapieansätze und möglicherweise die Entwicklung eines Impfstoffs, der aufgrund der antigenetischen Variabilität jedoch schwierig ist, von großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Identifizierung neuer Antibiotika wie der AQs von der Universität Konstanz und der Universität Wien einen Hoffnungsschimmer im Kampf gegen multiresistente Erreger bietet, dessen Bedeutung in der gegenwärtigen Gesundheitslage nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.