
Digitale Medien sind mittlerweile unverzichtbare Begleiter im Alltag, in der Ausbildung und im Berufsleben. Doch die intensive und problematische Nutzung dieser Technologien kann erheblich negative Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden haben. Das geht aus der Forschungsarbeit unter der Leitung von Prof. Dr. Roman Soucek vom Institut für empirische Sozialwissenschaft (IESW) hervor. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hat er eine Intervention zur Bekämpfung der problematischen Mediennutzung entwickelt und evaluiert, die die Selbstkontrolle der Nutzer stärken und die Angst, etwas zu verpassen, reduzieren soll. In der Studie mit dem Titel „Promoting psychological resources for coping with problematic media use: Development and evaluation of a training intervention“ konnte nachgewiesen werden, dass die Intervention erfolgreich war und zu einer deutlich senkenden problematischen Mediennutzung sowie zu weniger Stress beitrug. Diese Erkenntnisse wurden im Journal Computers in Human Behavior Reports veröffentlicht und sind dort frei zugänglich.
Die Studie zeigt auf, wie wichtig es ist, ein Gleichgewicht im Umgang mit digitalen Medien zu finden. In der heutigen Zeit, in der Smartphones und soziale Medien omnipräsent sind, wird die Nutzererfahrung von einem Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit und Kontrolle über das eigene Leben geprägt. Dies kann dazu führen, dass Nutzer auf dysfunktionale Bewältigungsstrategien zurückgreifen, um die Ungewissheiten des Lebens zu kompensieren. Ergebnisse zeigen, dass exzessive Smartphone-Nutzung zu problematischer Smartphone-Nutzung (PSU) führen kann, die durch Symptome wie Toleranz, Rückzug und zwischenmenschliche Konflikte gekennzeichnet ist. Obwohl PSU in der DSM-5 und ICD-11 nicht als offizielle psychische Störung anerkannt ist, korreliert ihre Schwere mit negativen psychischen Gesundheitsergebnissen, einschließlich Depression und Angstzuständen, wie PMC berichtet.
Einfluss der COVID-19-Pandemie
Die COVID-19-Pandemie hat die Nutzung digitaler Medien noch weiter verstärkt. Während der Lockdowns suchten Menschen verstärkt nach Möglichkeiten, um soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Dies führte nicht nur zu einem Anstieg von PSU, sondern verstärkte auch die negativen psychischen Auswirkungen. Die Studie hebt hervor, dass ein niedriger Kontrollsinn stark mit einem höheren Maß an FoMO (Fear of Missing Out) und PSU-Schweregrad verbunden ist. Junge Menschen, die unter einem geringen Gefühl der Kontrolle leiden, neigen dazu, PSU als Bewältigungsstrategie zu nutzen. Dies geht mit Auswirkungen auf ihr psychisches Wohlbefinden einher. In Deutschland besitzen laut PubMed fast alle Jugendlichen ein Smartphone, was das Risiko der problematischen Nutzung erhöht.
Die verstärkte Nutzung digitaler Medien hat auch Risiken zur Folge. In Familien und Schulen wird immer häufiger über die Gefahren von Cyberbullying, extremen politischen Ansichten und unzensierten Inhalten diskutiert. Cyberbullying betrifft etwa 5% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland und ist eng mit psychischen Gesundheitsproblemen verbunden. Die Computerspielstörung ist unter den digitalen Mediennutzungsstörungen die erste, die in die ICD-11 aufgenommen wurde. Diese Anerkennung verdeutlicht die Notwendigkeit, evidenzbasierte Präventions- und Behandlungsstrategien für Jugendliche zu entwickeln. Momentan sind derartige Optionen jedoch weitgehend fehlend.
Schlussfolgerung und Ausblick
Die Herausforderung, einen gesunden Umgang mit digitalen Medien zu fördern, ist ganz klar gegeben. Es ist essentiell, Angebote zur Unterstützung gesunder Mediennutzung auszubauen und die Wirksamkeit dieser Programme zu evaluieren. Sport, Achtsamkeit und andere Aktivitäten, welche das Gefühl von Kontrolle fördern, könnten helfen, die PSU zu verringern und das psychische Wohlbefinden zu verbessern, insbesondere in herausfordernden Zeiten. Die Studie von Prof. Dr. Soucek und seinen Kollegen ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg, zeigt jedoch auch die Dringlichkeit an, weitere Forschungsanstrengungen zu unternehmen, um effektive Strategien zur Bekämpfung problematischer Mediennutzung zu entwickeln.