
Ein neuer Forschungsverbund unter der Leitung der Philipps-Universität Marburg hat seine Arbeit aufgenommen, um die komplexen Verläufe affektiver Störungen besser zu verstehen. Der Sonderforschungsbereich (SFB/TRR) 393 trägt den Titel „Verlaufsformen affektiver Störungen“ und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bis Mitte 2028 mit 13,8 Millionen Euro gefördert. Prof. Dr. Tilo Kircher, Sprecher des SFB/TRR 393, betont die Bedeutung dieser Forschung, da in Deutschland etwa 25 % der Erwachsenen jährlich die Kriterien für eine psychische Erkrankung erfüllen.
Affektive Störungen, zu denen schwere depressive Episoden und bipolare Störungen gehören, beginnen typischerweise zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Die Symptome dieser Erkrankungen beeinträchtigen das Wohlbefinden, die psychosoziale Funktionsfähigkeit sowie die sozioökonomische Lage der Betroffenen über Jahrzehnte hinweg. Unzureichendes Verständnis der Ursachen für das erneute Auftreten von Symptomen und die Chronifizierung dieser Störungen erschweren die Entwicklung effektiver Behandlungsansätze.
Forschungsansätze und Methoden
Das laufende Forschungsprojekt zielt darauf ab, die Trajektorien affektiver Erkrankungen und die kognitiv-emotionalen Mechanismen, die hinter Veränderungen der Symptome stehen, zu erfassen. Die Studie wird in enger Kooperation mit der Technischen Universität Dresden sowie anderen Institutionen durchgeführt, darunter die Universitäten Münster und Bonn sowie das Karlsruher Institut für Technologie. Hierbei steht die Verbindung zwischen umweltbedingten, psychosozialen und (neuro-)biologischen Faktoren des Krankheitsverlaufs im Fokus.
Eine der neuartigen Methoden dieser Studie ist die Analyse von Mobiltelefondaten und weiteren biologischen sowie klinischen Parametern über einen Zeitraum von zwei Jahren. Der aktuelle Stand zeigt, dass die erste Probandin bereits Anfang März 2025 in die Kohorte aufgenommen wurde. Die Rekrutierung weiterer Probanden hat inzwischen begonnen, wobei das Ziel darin besteht, insgesamt 1.500 Patienten mit affektiven Störungen sowie gesunde Freiwillige in die Untersuchung einzubeziehen.
Ziele und langfristige Perspektiven
Die Forschungsziele sind klar definiert. Dazu gehören die Analyse des Verlaufs von Rückfällen und Remissionen bei affektiven Störungen sowie die Bestimmung der kognitiv-emotionalen Mechanismen und neurobiologischen Korrelate akuter Symptomveränderungen. Zudem sollen mechanismenbasierte Interventionen untersucht werden, um die Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene zu verbessern.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Rahmen des SFB/TRR 393 hat den Anspruch, internationale Spitzenforschung zu stärken und neue Maßstäbe in Diagnostik und Therapie affektiver Störungen zu setzen. Universitätsmedizin Marburg wird dabei als translationaler Forschungsschwerpunkt hervorgehoben, um einen wesentlichen Beitrag zu leisten, der über die Grundlagenforschung hinausgeht und konkrete Verbesserungen für Patienten anstrebt.
Weitere Informationen sind auf der Homepage des SFB/TRR 393 verfügbar, wo Interessierte auch Details zur laufenden Forschung und den involvierten Institutionen finden können. Das Projekt wird erwartet, bedeutende Erkenntnisse zu liefern, die nicht nur den Wissenschaftlern, sondern auch den Betroffenen zugutekommen können.