
Am 9. März 2025 veröffentlichte die Technische Universität Dresden bahnbrechende Erkenntnisse über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns in Bezug auf Informationsverarbeitung. In einer Studie, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde, erläuterten internationale Forschungsteams aus Dresden, Tübingen, Paris und Shanghai, wie das Gehirn effizient Informationen verarbeitet und sich flexibel an wechselnde Herausforderungen anpasst. Diese neue Forschung bietet Einblicke in die Prinzipien der Kritikalität und effizienten Kodierung, wodurch überflüssige Signale reduziert werden.
Die Wissenschaftler entwickelten ein mathematisches Modell, das neuronale Netzwerke simuliert, um die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu untersuchen. Sie führten ein Experiment durch, bei dem sie das Rauschniveau in den Netzwerken variieren. Die Ergebnisse zeigten, dass ein mittleres Rauschniveau zu maximaler Leistung führt. Ein moderates Maß an Rauschen verbessert die Informationsverarbeitung, während zu wenig oder zu viel Rauschen die Flexibilität und Effizienz beeinträchtigt. Diese Erkenntnisse unterstützen die Hypothese, dass das Gehirn bei optimalem Rauschen eine Balance zwischen Präzision und Flexibilität erreichen kann.
Kritikalität im Nervensystem
Die Konzeptualisierung der Kritikalität beschreibt einen Zustand, in dem das Gehirn optimal auf äußere Einflüsse reagiert. Gemäß der Studie traten typische Signaturen von Kritikalität auf, darunter sogenannte „neuronale Lawinen“. Zu starke Synchronicität unter den Neuronen schränkt dessen Flexibilität ein, während chaotische Muster bei übermäßigem Rauschen die Effizienz der Informationsverarbeitung beeinträchtigen können. Übermäßige Ordnung in neuronalen Schaltkreisen könnte zu psychischen Störungen führen, ein Trend, der in der Pathogenese von Schizophrenie, Depressionen und Zwangsstörungen zu beobachten ist.
Die im Rahmen dieser Studien gewonnenen Erkenntnisse über das Gleichgewicht im Gehirn könnten neue Behandlungsmöglichkeiten für psychische Störungen eröffnen. So verdeutlicht die Hyperkonnektivität bei Schizophrenie die chaotischen neuronalen Aktivitäten, während Depressionen auf einer übermäßigen Ordnung basieren. Diese Aspekte der Kritikalität könnten auch wegweisend für die Entwicklung anpassungsfähigerer und robusterer künstlicher Intelligenzsysteme sein, die vom menschlichen Gehirn inspiriert sind.
Die Rolle der Kognitiven Neurowissenschaft
Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beteiligt sich ebenfalls an der Erforschung der neuronalen Informationsverarbeitung. Hier wird untersucht, wie biologische Informationsverarbeitung auf technische Systeme übertragen werden kann, um energieeffiziente Computerarchitekturen zu entwickeln. Jüngste Resultate, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Scientific Reports, belegen, dass das menschliche Gehirn im Alltag etwa 25 Watt verbraucht, während moderne Computer und Smartphones erheblich mehr Energie benötigen. Die sogenannte „kritische Gehirnhypothese“ dient als Basis für das Verständnis, warum das Gehirn in einem Zustand der Kritikalität am schnellsten und energieeffizientesten arbeitet.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass nicht nur interne Mechanismen, sondern auch externe Einflüsse zur Bildung des kritischen Zustands beitragen können. Diese Erkenntnisse wurden durch mathematische Modellierungen in künstlichen Netzwerken erreicht, die das Verhalten menschlicher neuronaler Netzwerke nachahmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die tieferen Einblicke in die Kritikalität des Gehirns nicht nur das Verständnis von Kognition und psychischer Gesundheit fördern, sondern auch die Grundlagen für zukünftige Entwicklungen in der Künstlichen Intelligenz legen. Ein kontinuierliches Studium dieser Aspekte könnte die Herangehensweise an viele neurologische und psychische Erkrankungen revolutionieren.