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Geschlechtersensible Medizin: Forscher fordern mehr Gleichheit in der Gesundheit

Die Forschung zur geschlechtssensiblen Medizin ist in den vergangenen Jahren zunehmend ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Insbesondere am Uniklinikum RWTH Aachen widmen sich Dr. Sandra Kraemer und Dr. Elisabeth Zechendorf der Erforschung geschlechtsspezifischer Unterschiede auf Zellebene. Diese Unterscheidungen sind besonders relevant, da typische Symptome eines Herzinfarkts zwischen den Geschlechtern variieren. Frauen berichten häufig von unspezifischen Beschwerden wie Oberbauchschmerzen, Rückenschmerzen, Kurzatmigkeit und Erschöpfung, während Männer oft stechende Brustschmerzen erleben. Ziel der Forschungsarbeit ist eine umfassende geschlechtersensible Medizin, die sowohl biologische als auch soziokulturelle Unterschiede berücksichtigt, um eine gezielte Behandlung zu ermöglichen, die den Bedürfnissen aller Geschlechter gerecht wird, wie RWTH Aachen berichtet.

Die bedeutenden Unterschiede in der medizinischen Versorgung werden unter anderem durch eine Forschungstradition geprägt, die männliche Versuchstiere favorisiert. Aktuellen Zahlen zufolge werden etwa 80% der verwendeten Tiere in der Forschung als männlich klassifiziert. Dr. Kraemer und Dr. Zechendorf plädieren daher für die Einbeziehung weiblicher Versuchstiere und eine getrennte Auswertung der Ergebnisse. Sie argumentieren, dass männliche Zellen zu stärkeren Entzündungsreaktionen neigen, was bei Studien zu Behandlungsergebnissen relevant sein könnte. Interessanterweise zeigen Frauen bei Sepsis oft weniger schwere Erkrankungen und haben eine niedrigere Sterberate.

Wachsendes Bewusstsein für Geschlechterforschung

Die Relevanz geschlechtsorgansensibler Ansätze in der Medizin wird auch durch den Wissenschaftsrat unterstrichen, der im Juli 2023 die Intensivierung der Geschlechterforschung empfohlen hat. Ein jüngst in das Curriculum der Aachener Medizinstudiengänge integrierter Profilbereich trägt den Titel „Gender and Diversity in der Medizin – Mehr als nur Frau und Mann“ und bietet den Studierenden Praktika an, die sich mit der Untersuchung von Entzündungsreaktionen männlicher und weiblicher Zellen befassen. Die AG Gendermedizin, die bereits seit 2010 tätig ist, veranstaltete kürzlich eine Netzwerkveranstaltung mit über 50 Teilnehmenden, um geschlechtersensible Forschungs- und Behandlungsmethoden vorzustellen und zu fördern.

Die Gendermedizin beschäftigt sich seit den späten 1980er Jahren mit den biologischen und sozialen Unterschieden zwischen Frauen und Männern im Hinblick auf Gesundheit und Krankheit. Zu den Schwerpunkten gehören die Untersuchung von Krankheitsbildern, die Analyse geschlechtsspezifischer Risikofaktoren, sowie die Entwicklung spezifischer diagnostischer Verfahren und Therapieansätze. Es ist eine zentrale Aufgabe, gesundheitliche Ungleichheiten abzubauen und die Versorgung beider Geschlechter zu verbessern, wie in einem Artikel über die Gendermedizin von DocFinder erläutert wird.

Die Herausforderungen der Gendermedizin

Die Gendermedizin sieht sich verschiedenen Herausforderungen gegenüber, darunter der Mangel an geschlechtsspezifischen Daten und die Komplexität der Forschung. In vielen medizinischen Bereichen gibt es massive Wissenslücken, die auf lange Zeit männlich dominierte Forschungspraktiken zurückzuführen sind. Dies führt zu Problemen wie Unter- oder Fehlbehandlungen von Frauen und ungenauen Diagnosen bei Männern. Eine Umfrage ergab, dass biologischen Unterschiede wie Chromosomen, hormonelle Unterschiede und Unterschiede in Größe sowie Gewicht die Symptome und den Verlauf von Erkrankungen beeinflussen.

Die COVID-19-Pandemie hat diesen Missstand zusätzlich verschärft, indem sie die geschlechterspezifischen Auswirkungen auf die Gesundheit verstärkt hat. Frauen sind in systemrelevanten Berufen überrepräsentiert und haben während der Krise häufig ihre Arbeitsplätze verloren. Laut PMC zeigt die wissenschaftliche Literatur, dass gesammelte Beweise zur Geschlechterungleichheit oft nicht genutzt werden. Es ist notwendig, konkrete Maßnahmen zur Eingrenzung dieser Ungleichheiten zu entwickeln.

Die angesprochenen Probleme verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf in der Gendermedizin und die Notwendigkeit einer strukturellen und sozialen Neuausrichtung. Gesundheitsdienstleister spielen dabei eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung geschlechtssensibler klinischer Interventionen und müssen über die Mechanismen von Geschlechterungleichheit informiert werden, um faire Versorgungsbedingungen für alle Geschlechter zu gewährleisten.

Statistische Auswertung

Beste Referenz
rwth-aachen.de
Weitere Infos
docfinder.at
Mehr dazu
pmc.ncbi.nlm.nih.gov

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