
Der alte Marketingspruch „Clausthaler – Alles, was ein Bier braucht!“ erlebt eine Renaissance. An der Technischen Universität Clausthal wird derzeit an einem neuen Bier gearbeitet, das vollen Geschmack bei reduziertem Alkoholgehalt bietet. Diese Innovation ist das Ergebnis der Forschungsarbeit von Prof. Frank Endres, der seit Ende 2018 am Institut für Elektrochemie forscht. Als Teil dieser Entwicklung wird am 23. April an der TU Clausthal ein Symposium zum Tag des Bieres stattfinden, das nicht nur die neuesten Erkenntnisse, sondern auch die Geschichte des Bieres thematisiert. TU-Präsidentin Dr.-Ing. Sylvia Schattauer hat die Projekte der Forschungsbrauerei tatkräftig unterstützt.
Die grundlegende Idee hinter dem neuen Bier ist die Produktentwicklung mit einem verringerten Alkoholgehalt durch eine Anpassung des Brauprozesses. Prof. Endres hat das klassische Lehrbuchwissen über den Maischprozess in Frage gestellt. Insbesondere die Temperaturen während des Maischens waren ein zentrales Thema seiner Forschung. Während traditionell der Maischprozess bei ansteigenden Temperaturen bis maximal 72 Grad durchgeführt wird, experimentierte Prof. Endres mit einem isothermen Hochtemperatur-Maischverfahren, das den Alkoholgehalt signifikant reduziert.
Innovative Verfahren und erste Ergebnisse
Das neue Verfahren bringt lieferbare Ergebnisse: Ein Pilsner-Bier mit 11,5 °P Stammwürze und einem Alkoholgehalt von nur 2,5 %. Sogar mit dunklem Malz kann der Alkoholgehalt auf unter 2 % gesenkt werden. Neben der Reduktion des Alkoholgehalts bietet dieses Verfahren auch Vorteile bezüglich Energieeinsparung und kürzerer Produktionszeiten.
Prof. Endres hat während der Corona-Pandemie einen Austausch mit dem Brauereiexperten Prof. Ludwig Narziss initiiert und mehrere Publikationen zu seinen Ergebnissen veröffentlicht. Diese fanden bei vielen Lesern Anklang. Die TU Clausthal arbeitet zudem eng mit der Altenauer Brauerei zusammen, um das alkoholarme Bier im Rahmen eines ZIM-geförderten Projekts zu entwickeln.
Die Hefe, die für den Brauprozess benötigt wird, stammt aus dem Harz und ist ein elementarer Bestandteil der Braukunst. Zusammen mit Dr.-Ing. Mathias Hutzler und Dr. Martin Zarnkow wird derzeit die geeignete Hefe erforscht.
Symposium und Braugeschichte
Anlässlich des Symposiums am 23. April sind die Plätze auf 30 Teilnehmer limitiert, und es sind hochkarätige Vorträge über Bieraroma sowie die Geschichte des Harzer Forstes angekündigt. Der Termin fällt zusammen mit dem jährlichen Feiertag des deutschen Bieres, der am 23. April an das Reinheitsgebot erinnert, das im Jahr 1516 erlassen wurde. Dieses Gesetz ist die älteste gültige lebensmittelrechtliche Regelung der Welt und regelt, dass Bier nur aus Wasser, Malz und Hopfen gebraut werden darf.
Bier besteht zu über 90 % aus Wasser, und dessen Qualität wirkt sich entscheidend auf die Güte des Endprodukts aus. Malz sorgt für die Geschmacksfülle und ist die Grundlage für Alkohol und Kohlensäure. In einem komplexen Brauprozess wird das Malz geschrotet und mit Wasser vermischt. Dabei nimmt die Temperatur eine wichtige Rolle ein, um die gewünschten Aromen und die Stammwürze zu erzeugen. Während der Kochung werden unerwünschte Aromen eliminiert und der Geschmack verfeinert.
Der gesamte Prozess von der Rohstoffauswahl bis zur Abfüllung erfordert präzise Chemie und Technologie, wie zum Beispiel durch die filitration für Klarheit und Keimfreiheit. Die Bedeutung der Chemie in der Bierherstellung, sei es bei der Herstellung des Malzes oder der Rolle der Hefe, ist enorm. Chemieunternehmen, insbesondere in Rheinland-Pfalz, unterstützen diese Prozesse mit wichtigen Materialien und Technologien.
Insgesamt bringt die Forschung an der TU Clausthal frischen Wind in die traditionsreiche Braukunst. Das neue Verfahren könnte nicht nur die Art und Weise, wie Bier hergestellt wird, verändern, sondern auch das Angebot an geschmackvollen, alkoholarmer Biere erweitern und so auf die Bedürfnisse einer gesundheitsbewussten Gesellschaft reagieren.