
Amrei Bahr, eine Philosophin an der Universität Stuttgart, äußert in einem aktuellen Interview über die kritische Lage der Wissenschaft sowie Herausforderungen, mit denen Forscher*innen heutzutage konfrontiert sind. Bahr, die auch die Initiative „Ich bin Hanna“ mitbegründet hat, thematisiert insbesondere die ethischen Probleme im Zusammenhang mit der globalen Abfallwirtschaft und fordert dringend Änderungen im Open-Access-Publikationssystem.
„Das Open-Access-System stellt eine finanzielle Belastung für viele Wissenschaftler*innen dar“, so Bahr. Open Access bezeichnet den offenen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen, der es ermöglicht, Forschungsergebnisse online kostenfrei zu konsumieren. Dennoch sieht Bahr die damit verbundenen Kosten und Anforderungen als hinderlich an, insbesondere für Nachwuchswissenschaftler*innen.
Herausforderungen der Open-Access-Publikation
Das Open-Access-Publikationssystem ist Teil eines größeren Trends, in dem Wissenschaft und Forschung zunehmend digitalisiert werden. Laut der Deutschen Nationalbibliothek sind Publikationen ohne Zugriffsbeschränkungen für Leser*innen leicht zugänglich. Sie können ortsunabhängig und ohne Registrierung genutzt werden. Hingegen sind Publikationen mit Zugriffsbeschränkungen meist nur in Lesesälen einsehbar und rechtlich stärker geschützt. Diese Unterschiede schaffen eine Vielzahl von Barrieren für den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen, was Bahr als problematisch erachtet.
Bahr plädiert für einen differenzierteren Ansatz beim Recycling, speziell im Hinblick auf den Elektronikschrott, der in Ländern wie Ghana problematisch ist. Sie bezeichnet die bestehenden Systeme als unzureichend und weicht von konventionellen Narrativen ab, die einen simplen Lösungsvorschlag bieten, ohne die zugrunde liegenden sozialen und ökologischen Probleme zu betrachten.
Zusätzlich fordert sie bessere Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler*innen an Universitäten. Besonders beklagt sie die Ungewissheit und die Probleme, die durch befristete Arbeitsverträge entstehen. Ihr Engagement zeigt sich in der oben genannten Initiative, die sich gegen die Ungerechtigkeiten des akademischen Arbeitsmarktes richtet.
Die Rolle der Wissenschaft und der Open Access
Bahr hebt hervor, dass die offenen Zugänge auch ethische Dimensionen beinhalten. Es sollte nicht nur darum gehen, Informationen publik zu machen, sondern auch um die Verantwortung, die mit der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen einhergeht. Die Wissenschaftsorganisationen haben zunehmend gefordert, dass diese Verantwortung in das Open-Access-Modell integriert werden muss, um Missbrauch und Ungerechtigkeiten zu verhindern.
Für die Zukunft der Wissenschaft sieht Bahr eine wichtige Rolle für den Dialog zwischen Forschenden, Öffentlichkeit und Verlagen. Sie ist überzeugt, dass nur durch eine verstärkte Einbeziehung aller Beteiligten in die Diskussionen über Open Access und deren Herausforderungen echte Fortschritte erzielt werden können.