
In Deutschland haben sich während der COVID-19-Pandemie zwischen 2020 und 2023 schätzungsweise 39 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Von diesen leiden etwa 10 Prozent unter den Folgen von Long Covid, einer Erkrankung, die auch nach milderen Verläufen und bereits während der akuten Erkrankung auftreten kann. Das Phänomen Long Covid, auch bekannt als postacute sequelae of coronavirus disease 2019 (PASC), bezieht sich auf Symptomatiken, die mehr als drei Monate nach der ursprünglichen Infektion bestehen und die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen können. Diese Symptome können mindestens zwei Monate andauern und variieren stark in ihrer Schwere.
Ein Forschungsprojekt namens DIPEX Germany, das an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) angesiedelt ist, hat die Erfahrungen von 43 Betroffenen dokumentiert. Diese Geschichten wurden mit dem Ziel gesammelt, das öffentliche Verständnis für die Auswirkungen von Long Covid zu verbessern. Die Präsentation der Ergebnisse fand am 20. Februar 2025 während eines Symposiums an der MHB statt.
Erfahrungen und Herausforderungen von Betroffenen
Stephan Bergmann und die anderen Teilnehmer berichten von vielfältigen Symptomen, darunter Fatigue, Atembeschwerden und psychische Probleme wie Angstzustände und Depressionen. Fast 45 Prozent der Studienteilnehmer einer Meta-Analyse, die 735.006 Personen untersuchte, gaben an, nach einer COVID-19-Infektion mindestens ein ungelöstes Symptom aufzuweisen. Die Häufigkeit von Long Covid ist besonders hoch bei hospitalisierten Patienten, wo die Zahlen zwischen 50 und 70 Prozent liegen, während sie in der nicht-hospitalisierten Gruppe nur zwischen 10 und 35 Prozent liegen.
Die Interviewpartner*innen variieren in Alter, Wohn- und Lebenssituation sowie in der Beeinträchtigung ihres Alltags durch die Erkrankung. Dr. Anke Spura, eine Expertin des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit, betonte die Bedeutung von verlässlichen Informationen für die Betroffenen, während Dr. Judith Bellmann-Strobl darauf hinwies, dass Long-/Post-COVID als chronische Erkrankung mit unklaren Ursachen betrachtet werden muss. Sie forderte kausal orientierte Therapiestudien, um den Patienten effektiver helfen zu können.
Wissenschaftliche Perspektiven und weitere Erkenntnisse
Forschende haben herausgefunden, dass Long Covid eine Vielzahl von Körpersystemen betreffen kann, darunter das Herz-Kreislauf- und das neurologische System. Vorschläge für die Mechanismen von Long Covid umfassen eine erhöhte Cytokinproduktion, direkte Zellschäden und Störungen des Vagusnervs. Zu den häufigen Symptomen zählen neben Erschöpfung auch Atemnot, Brustschmerzen und Geschmack- sowie Geruchsverlust.
Bianca Erdmann-Reusch hob die Verbindung zwischen COVID-19 und dem Chronischen Fatigue-Syndrom hervor. Prof. Dr. Christine Holmberg erklärte, dass die Erzählungen der Betroffenen dabei helfen, subjektive Sinnherstellungen besser zu verstehen. Dr. Martin Spielhagen vom DiReNa-Gesundheitsnetzwerk verwies darauf, dass die DiReNa-Webseite eine wichtige Ressource für die Diagnostik und Nachsorge darstellt.
Einigkeit herrscht unter den Fachleuten, dass die Betroffenen als Expert*innen ihrer eigenen Erkrankung ernst genommen werden müssen. Die Webseite krankheitserfahrungen.de, auf der die Geschichten im Rahmen von DIPEX Germany veröffentlicht wurden, bietet auch Informationen zu anderen Erkrankungen wie AD(H)S, Brustkrebs und Diabetes Typ 2. Das Projekt zielt darauf ab, nicht nur die persönlichen Erfahrungen zu dokumentieren, sondern auch die Forschung zu fördern, um schließlich dauerhaft effektive Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Ongoing research is crucial to fully understand the pathophysiological mechanisms of long COVID and to formulate prevention and treatment strategies that are effective and tailored to the needs of individual patients.