
Die Bedeutung der Nachhaltigkeit im deutschen Maschinen- und Anlagenbau nimmt stetig zu. Dies ist vor allem der EU-Richtlinie 2022/2464 zu verdanken, die darauf abzielt, einen einheitlichen Rahmen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zu schaffen. Die Regelungen betreffen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zwar bisher nicht zur Berichterstattung verpflichtet sind, jedoch ihren ökologischen Fußabdruck entlang der gesamten Logistikkette ermitteln müssen. Dieses wachsendes Bedürfnis nach Transparenz und Nachhaltigkeit spiegelt sich in einem neuen Forschungsprojekt an der Universität Kassel wider.
Dieses Projekt wird unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Sigrid Wenzel und Prof. Dr. Christoph Laroque durchgeführt und hat das Ziel, eine IT-Plattform zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks von kundenspezifischen Unikaten zu entwickeln. Die Plattform soll einen umfassenden Ansatz bieten, der Datenerfassung, -analyse, Berechnung, Visualisierung und Prognose des CO2-Fußabdrucks umfasst. Der Fokus liegt dabei auf den Produktionsprozessen sowie den logistischen Teilprozessen, die bis zur Übergabe der Anlage an den Kunden relevant sind. Die Implementierung der IT-Plattform wird als Demonstrator bei mehreren KMU evaluiert, was dem Projekt praktische Relevanz und realistische Anwendung verleiht. Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), wobei die Laufzeit von Februar 2025 bis Oktober 2026 angesetzt ist.
Ein unterstützendes Netzwerk
Ein projektbegleitender Ausschuss unterstützt die Vorhaben und setzt sich aus Mitgliedern von Wirtschaft und Verbänden zusammen. Zu den teilnehmenden Unternehmen gehören unter anderem Alpha Sigma GmbH, Siemens AG und ams.Solution AG. Das erste Treffen des Ausschusses findet am 08.04.2025 online statt, was die interaktive Beratung zu diesem zukunftsweisenden Projekt ermöglicht. Weitere Informationen können online auf der Projektwebseite accountlog.de abgerufen werden.
Die Notwendigkeit für KMU, sich mit den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinanderzusetzen, wird durch aktuelle Entwicklungen im rechtlichen Rahmen verstärkt. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet viele kapitalmarktorientierte KMU zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen gemäß den European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Auch Unternehmen, die nicht direkt dazu verpflichtet sind, könnten durch Anforderungen von Stakeholdern unter Druck geraten.
Standardisierung der Berichterstattung
Die Pilotgruppe KMU-Reporting, die vom Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) und der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) ins Leben gerufen wurde, hat Vorschläge für Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU entwickelt. Diese Vorschläge wurden Ende Dezember 2022 an EFRAG übergeben und beziehen sich auf die Einführung vereinfachter Ansätze zur Ermittlung wesentlicher Berichtsinhalte. Ziel dieser Bemühungen ist die Minimierung der Komplexität und des Verwaltungsaufwands für KMU.
In einem Positionspapier wird die Notwendigkeit von standardisierten, reduzierten Berichtsanforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit gefordert, die auf freiwilliger Basis ergänzt werden können. Diese Mindestanforderungen sollen zudem mit bestehenden EU- und nationalen Anforderungen sowie internationalen Standards kompatibel sein. Um KMU bei der Umsetzung der neuen Anforderungen zu unterstützen, ist die Bereitstellung einfacher digitaler Lösungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von entscheidender Bedeutung.
Das Projekt an der Universität Kassel und die Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung markieren wichtige Schritte hin zu einer nachhaltigeren und transparenteren Wirtschaft, die sowohl ökologische als auch ökonomische Aspekte berücksichtigt und somit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie stärkt.