
In einer aktuellen Studie, die von Prof. Dr. Michael Hippler und Dr. Lara Hoepfner durchgeführt wurde, wird die komplexe Struktur der Glykokalyx von Zilien beleuchtet. Zilien sind haarähnliche Fortsätze auf biologischen Zellen, die eine zentrale Rolle bei der Fortbewegung und Signalwahrnehmung spielen. Die Forschung konzentrierte sich auf die Glykokalyx der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii, welche aus zuckerreichen Proteinen, auch Glykoproteine genannt, besteht und entscheidend die Haftfähigkeit der Zellen auf Oberflächen reguliert. Dies wurde umfassend in der Fachzeitschrift „Advanced Science“ veröffentlicht, wie die Universität Münster berichtet, dass …
Im Rahmen dieser Untersuchung kartierte das Forschungsteam die Struktur der Glykokalyx und entdeckte, dass die Hauptbestandteile, die Glykoproteine FMG1B und eine unbekannte Variante FMG1A, auf biochemische Weise Ähnlichkeiten mit Mucinen aufweisen, die auch in Säugetieren vorkommen. Diese Ergebnisse werfen neue Licht auf die Rolle der Glykokalyx.
Glykoproteine und ihre Funktion
Die Studie zeigt, dass das Entfernen der Glykoproteine eine Erhöhung der Klebrigkeit der Zilien zur Folge hatte, während die Zellen dennoch gleitend auf Oberflächen bewegten. Dies deutet darauf hin, dass die Glykoproteine nicht direkt für das Anhaften und Gleiten verantwortlich sind, sondern vielmehr eine schützende Schicht bilden, die die Haftfähigkeit reguliert.
Die verwendeten Technologien umfassten kryogene Elektronentomographie, Elektronenmikroskopie, Fluoreszenzmikroskopie und Massenspektrometrie. Die Forschung wurde zudem finanziell unterstützt vom Europäischen Forschungsrat (Horizon 2020), der Deutschen Forschungsgemeinschaft und anderen Institutionen.
Zusätzliche Erkenntnisse zur Zellwand von Chlamydomonas reinhardtii
Ergänzende Untersuchungen vertiefen unser Wissen über die Zellwandbestandteile der Grünalge. Hierbei wurden extrahierte Zellwandbestandteile mit chaotropen Agenzien gewonnen und nach Dialyse rekonstruiert. Eine besondere Herausforderung war, die minoren Bestandteile der Zellwand zu erhalten. Milderere Protokolle wurden eingesetzt, um die strukturell wichtigen Komponenten zu bewahren.
Sowohl Scanning als auch Transmission Electron Microscopy (SEM und TEM) zeigten intakte Mikroalgen und die charakteristische Schichtung der Zellwand. Überraschenderweise blieben die Zellmembran und innere Organellen nach der Extraktion intakt, was auf die Wirksamkeit der gewählten Methode hinweist.
Flow-Zytometrie enthüllte, dass etwa 80% der Zellen nach der Wandextraktion lebendig und metabolisch aktiv blieben. Dies ist ein entscheidender Hinweis auf die Resistenz der Zellen gegenüber den durchgeführten Verfahren. Zudem wurden bei der NMR-Analyse keine signifikanten Unterschiede zwischen Zellwandextrakten und intakten Zellen festgestellt.
Glykan- und Aminosäurezusammensetzung
Die chemische Analyse ergab ein umfassendes Profil der Glykan- und Aminosäurezusammensetzung. Besonders bemerkenswert ist der hohe Gehalt an Mannose und N-Acetylglucosamin in der Zellwand. Das Aminosäureprofil zeigt hohe Anteile an Alanin, Glutamin und Glutamat. Die Identifikation neuer Gruppen von niedermolekularen Glykoproteinen (LWGPs) zeigt, dass diese 80% des Aminosäuregehalts ausmachen.
Die Dynamik der Zellwand zeigt, dass Glykanen weniger mobil sind als Proteine, was auf eine semi-mobile Struktur schließen lässt. Hierbei deutet die räumliche Segregation von Glykane und Proteinen darauf hin, dass glycosylierte Proteine an der Schnittstelle zwischen beiden Gruppen spielen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die Glykokalyx als auch die Zellwand von Chlamydomonas reinhardtii strukturelle Merkmale aufweisen, die Parallelen zu Pflanzen zeigen, insbesondere in Bezug auf die Aminosäurezusammensetzung der Zellwandproteine. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur unser Verständnis dieser Algenart, sondern auch die Grundlagen der Zellbiologie verbessern.