
In der aktuellen Debatte um die politische Betätigung gemeinnütziger Vereine hat Dr. Ruben Rehr, MJur (Oxford), Rechtsanwalt in Hamburg und Lehrbeauftragter im Steuerrecht an der Bucerius Law School, auf die komplexen Rahmenbedingungen hingewiesen. In der neuesten Folge der Videoreihe „Fofftein“ erläutert er, unter welchen Voraussetzungen ein gemeinnütziger Verein sich politisch engagieren kann. Übergeordnete Bedeutung haben dabei die Regelungen zur Gemeinnützigkeit und die Vorgaben des Parteienfinanzierungsgesetzes.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat klargestellt, dass gemeinnützige Körperschaften, die politische Zwecke verfolgen, keinen gemeinnützigen Zweck erfüllen. Dies bedeutet, dass politische Aktivitäten zwar zulässig sind, jedoch in einem engen rechtlichen Rahmen stattfinden müssen. Gemeinnützige Organisationen dürfen sich politisch betätigen, wenn dies einem spezifischen Zweck dient, der in § 52 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) verankert ist. Rehr betont, dass die Satzung eines Vereins klar definieren muss, welche Zwecke verfolgt werden, um die Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden.
Die Feinheiten politischer Betätigung
Die gesetzliche Unterscheidung zwischen politischer Betätigung und Gemeinnützigkeit wird durch das Parteiengesetz beeinflusst. Dieses verlangt eine Identifikation von Spendern bei Beträgen über 500 Euro und spezifische Meldungen bei höheren Summen. Gemeinnützige Körperschaften sind angehalten, keine direkte Parteipolitik zu unterstützen, um die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und eine mögliche Entziehung der Gemeinnützigkeit zu vermeiden.
Dennoch ist es bestimmten Organisationen erlaubt, an politischen Aktivitäten teilzunehmen. Ergebnisse höchstrichterlicher Entscheidungen belegen, dass gemeinnützige Umweltverbände beispielsweise an Demonstrationen teilnehmen und politische Veränderungen unterstützen dürfen, sofern sie parteipolitisch neutral bleiben. Ein Sportverein kann ebenfalls an einer Umweltschutz-Demo teilnehmen, ohne seine Gemeinnützigkeit zu verlieren, solange dies eine gelegentliche Aktivität bleibt.
Rechtsprechung und ihre Auswirkungen
Die jüngste Rechtsprechung des BFH zeigt klare Grenzen auf, jedoch auch Raum für politisches Engagement. Entscheidungen wie die der Organisation Attac, die sich für konkrete politische Ziele wie die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die 30-Stunden-Woche aussprach, verdeutlichen die Schwierigkeit. Attac wurde die Gemeinnützigkeit entzogen, weil die Gerichte von der Einstellung einer konkreten politischen Forderung ausgingen. Diese Entscheidungen legen nahe, dass politische Bildung nicht ohne weiteres als Rechtfertigung für spezifische politische Positionen herangezogen werden kann.
Zudem hängen die Spielräume für politische Betätigung eng mit den Satzungszielen der Organisation zusammen. Politische Aktivitäten müssen klar in der Satzung verankert sein. Die Finanzgerichte können keine Verbote für politische Tätigkeiten aussprechen, jedoch verlieren Organisationen häufig ihre Steuerprivilegien, wenn sich deren Aktivitäten nicht mit den satzungsgemäßen Zwecken decken.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass gemeinnützige Organisationen durchaus politisch aktiv sein können, solange diese Aktivitäten mit ihrem Satzungszweck in Einklang stehen. Die Herausforderungen und rechtlichen Grenzen dieser Engagements werden allerdings durch anhaltende Diskussionen in der Non-Profit-Szene, verstärkt durch die Einführung eines Lobbyregisters sowie durch aktuelle Gerichtsurteile, immer wieder neu beleuchtet (law-school.de, bundestag.de, skala-campus.org).