
Ein neuartiges Projekt, das an der Universität Bonn und ESQlabs entwickelt wird, zielt darauf ab, die Therapie von Darmkrebspatienten zu revolutionieren. Im Rahmen des „ISPOT-K“-Projekts wird ein digitaler Zwilling für jeden Patienten geschaffen, um die Behandlung auf eine personalisierte Grundlage zu stellen. Diese Initiative ist besonders signifikant, da Darmkrebs individuell unterschiedlich verläuft und herkömmliche Therapien oft nicht die gewünschte Wirkung zeigen.
Die herkömmlichen Krebstherapien basieren auf demografischen und biologischen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Krebsart und genetischen Informationen. Allerdings liefern diese Daten keine präzisen Hinweise auf die individuelle Reaktion auf Behandlungen. Um diese Lücke zu schließen, nutzen die Forscher 3D-Organoide, die aus Tumorgewebe von Patienten gezüchtet werden. Diese Organoide werden dann verschiedenen Krebsmedikamenten ausgesetzt, um die Reaktion der Patienten vorherzusagen.
Datenintegration und Computermodellierung
Im Projekt wird ein datengesteuertes Verfahren verfolgt, bei dem die Daten der 3D-Organoide mit molekularen und physischen Patientendaten kombiniert werden. Die computergestützte Modellierung erfolgt am Bonn Center for Mathematical Life Sciences und konzentriert sich auf die Modellierung intrazellulärer Signalwege sowie Arzneimittelreaktionen und Unsicherheiten. Laut Informationen von Fraunhofer IZI ermöglicht dieser Ansatz eine detaillierte Analyse der Tumorreaktionen auf verschiedene Behandlungen und unterstützt die Entwicklung optimaler Dosierungsstrategien.
Die Vision des Projektes umfasst den gesamten Prozess von der Organoid-Testung bis hin zu einer In-Silico-Simulation. Diese Methodik hat das Potenzial, nicht nur die Kosten für Krebstherapien zu senken, sondern auch die Notwendigkeit für Tierversuche zu reduzieren, da toxische Nebenwirkungen und Behandlungseffizienz zunächst im Labor und durch computergestützte Simulationen getestet werden können.
Erweiterung durch digitale Zwillinge
Ein weiterer innovativer Ansatz, der in der Krebsforschung an Bedeutung gewinnt, ist der virtuelle Zwilling, der zunehmend in der Behandlung von Krebspatienten Anwendung findet. Im EU-Projekt CERTAINTY wird beispielsweise ein virtueller Zwilling für Patienten mit Multiplem Myelom entwickelt, der die personalisierte Behandlung durch die Einbeziehung zahlreicher klinischer, bildgebender sowie molekularer Daten verbessert. Das DKFZ betont, dass der virtuelle Zwilling eine digitale Abbildung der spezifischen Merkmale eines Patienten darstellt und eine regelmäßige Aktualisierung ermöglicht, um Prognosen über den Krankheitsverlauf und verschiedene Therapieoptionen zu bieten.
Durch die Integration solcher Module wird Ärzten unterstützt, die bestmögliche Therapie für ihre Patienten auszuwählen, was nicht nur die individuelle Behandlung, sondern auch die Effizienz des Gesundheitssystems verbessern könnte. Die Forschung bezieht sich dabei auch auf sozioökonomische Faktoren, die den Krankheitsverlauf beeinflussen können, was den ganzheitlichen Ansatz der personalisierten Medizin unterstreicht.