
Vom 31. März bis 4. April 2025 wird die Hannover Messe zum Schauplatz innovativer Roboter-Technologien, präsentiert von den Professoren Stefan Seelecke und Paul Motzki von der Universität des Saarlandes. In Halle 2, am Saarland-Stand B10, stellen sie ihre bahnbrechende Formgedächtnistechnik vor. Diese Technologie verspricht, den Energieverbrauch in der Industrie drastisch zu senken – um bis zu 90 % im Vergleich zu aktuellen Systemen.
Energie stellt einen der größten Kostenfaktoren in der Industrie dar. Hohe Verbrauchswerte belasten nicht nur die Betriebskosten, sondern auch das Klima erheblich. Die neue Antriebstechnologie, die auf Formgedächtnismaterialien basiert, ist eine Lösung für diese Herausforderung. Roboterarme verbrauchen in der Regel kontinuierlich Energie, und viele der modernen Greifsysteme arbeiten pneumatisch, was zusätzlich Lärm verursacht. Bisherige Techniken stoßen bei der Miniaturisierung und Umprogrammierung auf Grenzen, die es zu überwinden gilt.
Die Vorteile der Formgedächtnistechnologie
Die Entwicklung der neuen Roboter-Greifsysteme, die während der Messe vorgestellt werden, nutzt spezifische Formgedächtnislegierungen (FGL). Diese Materialien sind in der Lage, sich an ihre ursprüngliche Form zu erinnern, was bei der Herstellung von leichten und flexiblen Robotergreifern von Bedeutung ist. Prototypen von Vakuumgreifern und Zangengreifern werden vor Ort präsentiert. Diese Greifesysteme können Werkstücke energieeffizient, sogar energielos handhaben.
Ein innovativer Ansatz basiert auf voll elektrischen Greifsystemen, die Bündel aus Nickel-Titan-Draht einsetzen, die als künstliche Muskeln fungieren. Nickel-Titan besitzt zwei unterschiedliche Kristallgitterstrukturen, die sich bei einem Stromimpuls umwandeln. Dies ermöglicht beeindruckende Bewegungen. Ein Draht mit nur 500 Mikrometern Durchmesser kann über 10 Kilogramm ziehen und führt zu einem Weltrekord: 20 Drähte mit einem Durchmesser von 25 Mikrometern erreichen eine Zugkraft von 5 Newton bei 200 Hertz.
Anpassungsfähige Greifsysteme
Die Ingenieure haben elastische Greifsysteme entwickelt, die sich an unterschiedliche Werkstücke anpassen können. Dabei ist es von Vorteil, dass die Greifer keine zusätzlichen Sensoren benötigen; die Drähte liefern automatisch relevante Daten. Ein Zangengreifer-Prototyp hat eine Greifkraft von 4 Newton und ist skalierbar, sowohl in Bezug auf Größe als auch Kraft. Zudem erzeugt der Vakuumgreifer ein tragfähiges Vakuum nur durch kurze Stromimpulse.
Das Forschungsteam sucht auf der Hannover Messe Partner zur Weiterentwicklung dieser Technologie. Die Formgedächtnistechnologie wird in zahlreichen Bereichen eingesetzt, unter anderem in der Medizintechnik, Automobilindustrie und Luft- und Raumfahrt. Hierbei zeichnen sich FGL durch ihre Fähigkeit aus, reversible Dehnungen von 8-10 % zu ermöglichen. Eine besondere Eigenschaft der Nickel-Titan-Legierungen besteht darin, dass sie zwei Kristallstrukturen haben: Martensit in der Tieftemperaturphase und Austenit in der Hochtemperaturphase.
Zukunftsausblick und Herausforderungen
Die Forscher sehen eine große Zukunft für die Formgedächtnistechnologie, insbesondere in der Automatisierungstechnik und für leichte, effiziente Bauteile. Der Bedarf an leichteren Materialien betrifft auch die Mechatronik, wo die Formgedächtnistechnologie eine entscheidende Rolle spielt. An der Ruhr-Universität Bochum wird an neuen Formen dieser Legierungen geforscht, die nicht nur in der Aktorik eingesetzt werden können, sondern auch in der Medizintechnik, wie etwa bei Gefäßprothesen oder künstlichen Herzklappen.
Während die Preisprognosen darauf hindeuten, dass die Formgedächtnistechnologie kostengünstiger werden könnte, stehen Ingenieure vor einigen Herausforderungen. Die Erweiterung des Temperaturbereichs für den Einsatz von Nickel-Titan-Legierungen und die Unerfahrenheit im Umgang mit FGL führen zu Hindernissen, die es zu überwinden gilt. Dennoch bleibt die Nachfrage nach diesen innovativen Materialien hoch, was spannende Möglichkeiten für die Zukunft verspricht.