
Am 26. Juni 2025 wird die Diskussion über die deutsche Rechtschreibung erneut angeheizt. Nanna Fuhrhop, eine renomierte Linguistin und Professorin für Germanistische Linguistik an der Universität Potsdam, setzt sich intensiv mit diesem Thema auseinander. Fuhrhop, die auch in den Rat für deutsche Rechtschreibung berufen wurde, argumentiert, dass viele Menschen intuitiv gut schreiben können, und kritisiert die traditionelle Vermittlung von Rechtschreibregeln im Deutschunterricht.
In ihrem Werk „Getrennt- und Zusammenschreibung: Kern und Peripherie: Rechtschreibdidaktische Konsequenzen aus dieser Unterscheidung“ untersucht Fuhrhop, wie die Lehre von der Rechtschreibung gestaltet werden sollte, um den Lernenden gerecht zu werden. Dabei legt sie besonderen Wert darauf, dass das Verständnis des Leerzeichens beim Schreibenlernen von zentraler Bedeutung ist. Fuhrhop sieht Rechtschreibung als eine anwendbare Fähigkeit, die über das bloße Ausbuchstabieren hinausgeht und plädiert dafür, den Wert eines Textes nicht nur anhand seiner Rechtschreibung zu messen.
Rechtschreibung und ihre Didaktik
Fuhrhop unterstreicht, dass inhaltlich gute Texte oft wegen kleiner Rechtschreibfehler negativ bewertet werden. In der heutigen Zeit sei es wichtig, den Fokus auf die Lesehilfen zu legen, die durch Rechtschreibung gegeben werden. Laut Fuhrhop ist der Anteil an Wörtern, die von Ausnahmen betroffen sind, mit nur etwa 5 bis 10% vergleichsweise gering, und mindestens 90% des deutschen Wortschatzes folgen klaren Gesetzmäßigkeiten. Dies könnte dazu führen, dass das Lernen der Rechtschreibung für viele einfacher ist, als traditionell angenommen.
Die Herausforderungen des Rechtschreibunterrichts werden auch durch historische Versuche zur Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung kompliziert, die Fuhrhop kritisiert. Ihre Forderung nach besser formulierten Regeln, ohne dass immer eindeutige Vorschriften nötig sind, verdeutlicht die Komplexität des Themas. Zudem zeigt sie auf, dass die Rechtschreibdidaktik sich in den letzten 25 Jahren stark weiterentwickelt hat, weg von Methoden wie Abschreiben und Memorieren hin zu einer Perspektive, die Schreibnovizen in den Mittelpunkt stellt.
Das Haus-Garage-Modell
Ein zentraler Aspekt der modernen Rechtschreibdidaktik ist das sogenannte Haus-Garage-Modell, das von Ursula Bredel entwickelt wurde. Dieses Modell nutzt das silbische Prinzip und hilft Schülern, vier Baumuster zu erlernen, die beim Schreiben von Bedeutung sind. Während einige Kinder diese Gesetzmäßigkeiten intuitiv erfassen, benötigen andere explizite Erklärungen. Ziel ist es, richtig zu schreiben, ohne dabei ständig nachdenken zu müssen.
Lehrkräfte stehen allerdings vor der Herausforderung, sich in dieses Modell einzuarbeiten, was manchmal als kompliziert empfunden wird. Umso wichtiger ist eine frühzeitige Thematisierung im Unterricht, damit die Lernenden langfristig ohne Schwierigkeiten schreiben können. Das Modell und seine Prinzipien werden auch in Schulbüchern für die Sekundarstufe 1 behandelt, wie etwa in „Deutsch kombi plus 5“ und „Deutsch kompetent 5“.
Fuhrhops Arbeiten und Forschungen, einschließlich ihrer umfangreichen Studien über „Grenzfälle morphologischer Einheiten“, zielen darauf ab, die Rechtschreibung als einen integralen Bestandteil des Lese- und Schreibprozesses zu begreifen. Ihre wertvollen Einsichten und Vorschläge haben das Potenzial, die Art und Weise, wie Rechtschreibung unterrichtet wird, nachhaltig zu verändern und frischen Wind in eine jahrzehntelange Debatte zu bringen.